Rundgang mit OB Dr. Ruf auf der Neckar-Baustelle
Bürger zeigen sehr großes Interesse / mehr als 100 Interessierte
Die Neckarrevitalisierung beim Schwarzen Felsen ist ein Teil der Landesgartenschau in Rottweil. Sie ist eine der ersten Großbaustellen auf dem Weg zum Ausführungsjahr 2028. Das Interesse an der Maßnahme ist groß, was die große Zahl der Interessierten am Baustellenrundgang zeigte. Mehr als 100 Personen nahmen an den kurzerhand von zwei auf drei aufgestockten Führungen mit Oberbürgermeister Dr. Christian Ruf, Vertretern des Regierungspräsidiums und der Planungsbüros teil.
Oberbürgermeister Dr. Christian Ruf freute sich über das große Interesse an dem Rundgang. „Wir wollten dem großen Interesse unbedingt Rechnung tragen“, betonte der Oberbürgermeister. Er machte deutlich, dass die gewässerökologische Seite von großer Bedeutung ist. „Sie ist eine ganz wichtige Komponente der Landesgartenschau“, sagte er und zeigte auf, dass viele Infrastrukturmaßnahmen in der Stadt, beispielsweise die Sanierung der Schulen, nur aufgrund der Landesgartenschau so großzügig bezuschusst würden. „Wir hätten vielleicht Zuschüsse für eine oder zwei Schulen bekommen, ohne die Landesgartenschau. Aber so wurden drei Schulen: das DHG, die Achert- und die Johanniterschule bezuschusst. „Eine Landesgartenschau hat stadtentwicklungstechnisch eine größere Strahlkraft als ‚nur‘ die Blümlesschau“, so Ruf.
Vor sechs Wochen wurde mit den Baumaßnahmen im Zuge der Neckarrevitalisierung beim Schwarzen Felsen zwischen ENRW-Gelände und der Prim-Mündung bei Göllsdorf begonnen. Seither ist auf der Baustelle des Landesbetriebs für Gewässer des Regierungspräsidiums Freiburg schon eine ganze Menge passiert. Die Teilnehmer des Rundgangs staunten, wie weit die Maßnahme bereits vorangeschritten ist. Wo einst der Weg entlang des Schwarzen Felsens verlief, ist das Gelände abgegraben und hier verläuft die Baustraße. Zudem wurden Teile der Kanaleinfassung und des ehemaligen Wehrs am Neckar inzwischen abgebaut.
Die Baulogistik sei durch das Bahngelände und die Felswand sehr fordernd gewesen, informierte Bauleiter Thomas Kusche von der Planungsgemeinschaft Geitz&Partner, 365° freiraum + umwelt und Weber Ingenieure. “Es ist eng ohne Ende“, sagte er. Durch den regenbedingten höheren Wasserstand des Neckars der vergangenen Tage sei die Baustraße direkt am Ufer teilweise zerstört worden und müsse wieder einsatzbereit gemacht werden. So gebe es immer wieder neue Herausforderungen. Er zeigte zudem auf, wie es „früher“ an dieser Stelle mal ausgesehen hat und dass man dem Neckar – wie er schonmal war – wieder Raum geben wolle. Peter Geitz vom gleichnamigen Planungsbüro erläuterte, wie man das Ufer gewässerökologisch gestalten wolle, so dass sich Groppe, Äsche, Döbel, Bachforelle, Gründling und Co. und weitere Arten wieder richtig wohlfühlen können. „Was im Stahlbau die Armierung ist, das sind die Wurzeln bei lebendem Baustoff“, erklärte Geiz die Uferbefestigung. Der Neckar bekomme wieder einen Bogen, so dass er wie ursprünglich an den Felsen gelangen kann. „Ich weiß, die Rottweiler verlieren ihren schönen Weg, aber sie bekommen einen noch viel schöneren“, so Geitz.
Groß war zeitweise auch die Kritik, dass am Neckar massiv in Flora und Fauna eingegriffen würde, angefangen vom Rückbau des Wehres, bis hin zu den riesigen Erdbewegungen, die zunächst für eine Verdrängung vieler Arten sorgen würde. Doch in diesem Punkt konnten Peter Geitz und vor allem Viktor Zeller vom Büro IBA-Umweltplanung beruhigen. Viktor Zeller zeigte anhand von Fotos die beachtliche Artenvielfalt auf, die man in dem Gebiet angetroffen habe. Und auch die Interessierten waren von den vielen Fischarten beeindruckt, die hier trotz des Wehrs heimisch waren. Bis in knapp einem Jahr soll die Maßnahme am Neckar abgeschlossen sein, so dass die Tiere und Pflanzen ihren neuen alten Lebensraum wieder zurückerobern können, versicherten die beiden. „Wir werden eine wahnsinnig schnelle Besiedelung bekommen, deswegen bauen wir auch so schnell“, so Geitz.
Im Vorfeld der Bauarbeiten wurden die Fische aufwändig abgewischt und auch Amphibien und Reptilien – meist in mühsamer Handarbeit – eingesammelt, erklärten die Experten. Besonders bei den Eidechsen sei das schwierig gewesen. Die habe man mit einer Art Angel eingefangen, zeigten sie auf.
Der Rundgang führte auf das Gelände zwischen Bahnhof und Neckar. Von dort aus hatten die Teilnehmenden nicht nur beste Aussicht auf die Neckar-Baustelle, sondern bekamen anhand von Plänen auch die anstehenden Arbeiten aufgezeigt. Auf die Frage, wie künftig die Wege verlaufen würden, erklärte Thomas Kusche, dass die Attraktivität des Neckartalradweges in Rottweil gesteigert und die Radwegeverbindung von Göllsdorf kommend verbessert werden solle. Zu diesem Zweck entsteht auf einer ehemaligen Gleistrasse ein neuer Geh- und Radweg mit zwei neuen Neckarbrücken. Für alle, die näher am Wasser gehen wollen, wird ein zusätzlicher Fußweg unterhalb des Bahndamms entlang des Neckarufers angelegt. Von der Gleistrasse können Radfahrer und Fußgänger dann kurz vor dem ENRW-Gelände den Neckar wieder queren, um in die Au zu gelangen, oder auf kurzem Weg über die Landesgartenschaubrücke, die in den Stadtgraben führt, in die Innenstadt.
Peter Geitz machte darüber hinaus deutlich, dass es gar nicht so einfach sei, Bäume erfolgreich am Ufer anzusiedeln. Es müssten schon heimische Bäume sein. Vor allem Erlen und Eschen werden benötigt. Der Versuch sie selbst auszusäen sei fehlgeschlagen, aber dennoch sei es ihm gelungen, jeweils 1000 kleine Eschen und Erlen zu bekommen. „Die haben wir hier im sogenannten Muttergarten angepflanzt, da können sie wachsen, bis wir sie benötigen“, informiert er. Die Teilnehmenden erfuhren bei dem eineinhalbstündigen Rundgang, wie Komplex so eine Baustelle ist und was es alles zu beachten und zu bedenken gibt.
„Es ist faszinierend, wie schnell die Bauarbeiten voranschreiten. Die Neckar-Baustelle ist der Auftakt zu allen weiteren Bauarbeiten für die Landesgartenschau und ein hochinteressantes, komplexes Projekt“, sagte Oberbürgermeister Christian Ruf und kündigte bereits jetzt an, auch in den nächsten Monaten immer wieder Führungen anzubieten, um den Bürgern möglichst viele Einblicke in das Geschehen zu geben. „Am besten kann man die Vorgänge bei einem Spaziergang auf der Baustelle erfassen“, sagte Ruf und machte darauf aufmerksam, dass die Baustelle nur im Rahmen von Führungen besichtigt könne. „Das Betreten ohne fachkundige Begleitung ist gefährlich und daher strengstens untersagt.“