Architekt und Stadtplaner Rolf Messerschmidt, Bürgermeister Dr. Christian Ruf, OB Ralf Broß und Rudolf Mager vom Fachbereich Bauen und Stadtentwicklung (von links) während der zweistündigen Live-Übertragung aus dem Neuen Rathaus.

Bereits im Vorfeld der Bürgerinformation hatten der vorgeschlagene Neubau eines weiteren Parkhauses am Nägelesgraben als Folge der geplanten Verlegung des Zentralen Bus-Umsteigepunkts für Diskussionen gesorgt. „Wir wären natürlich viel lieber direkt mit Ihnen ins Gespräch gekommen und hätten mit ihnen vor Ort in der Stadthalle diskutiert, doch das ist angesichts der Corona-Lage derzeit leider nicht möglich“, so Oberbürgermeister Ralf Broß. Wichtig war dem OB aber, dass sich am Freitagabend auch die Bürger mit Fragen zu Wort melden konnten, die zum Teil während der Veranstaltung beantwortet wurden. Eine Möglichkeit, die auch sehr rege genutzt wurde.

56,5 Millionen Euro werden durch die Landesgartenschau in Rottweil investiert, 25,4 Millionen davon stemmt die Stadt selbst. 19,4 Millionen Euro sind im städtischen Haushalt dafür bereits eingestellt. 55 Prozent der Kosten werden über Landesmittel und Fördergelder finanziert. OB Broß stellte per Übersichtskarte zunächst „das große Ganze“, das heißt die gesamtstädtische Entwicklung vor und verglich den Weg bis zum Beginn der Landesgartenschau mit einem Marathonlauf. „Wir sind jetzt ungefähr bei Kilometer zwölf“, betonte er. Bis zum Zieleinlauf bei Kilometer 42, benötige man einen langen Atem, machte er deutlich und erläuterte anhand eines Zeitstrahls das weitere Vorgehen.

Rudolf Mager vom Fachbereich Bauen und Stadtentwicklung erläuterte anhand eines „Landesgartenschau-Kompass“ die städtebauliche Dimension des Großprojekts: In der Rahmenplanung stehen drei Bereiche im Mittelpunkt: Der Neckar, der Grüngürtel und die Innenstadt. Die Stadt näher an den Neckar zu bringen ist eine der wichtigen Zielsetzungen der Landesgartenschau. Der Naherholung soll durch eine Aufwertung des historischen Stadtgraben-Rings und neue Wege am Neckar sowie eine gewässerökologische Aufwertung des Neckars viel Aufmerksamkeit gewidmet werden. Nicht zuletzt profitiert die gesamte historische Innenstadt durch die Nähe zur Landesgartenschau und eine Ausweisung als Sanierungsgebiet. Darüber hinaus spielt aber auch das Thema Mobilität eine zentrale Rolle: Die Landesgartenschau soll als Zugpferd für innovative Mobilitätsformen auch zu einer Verkehrsentlastung in der Innenstadt beitragen.

Die Revitalisierung des Neckars war Thema von Landschaftsarchitekt und Gewässerökologe Peter Geitz vom Büro Geitz und Partner aus Stuttgart: Die Umgestaltung der Neckarwiesen beim ehemaligen Gaswerk, aber auch die Renaturierung des Neckars nach Stilllegung des Wasserkraftwerks der ENRW. Nachdem es möglich war, den Pegel von der Au flussaufwärts zu verlegen, stehe einer Verwandlung des Neckars in eine naturnahe Flusslandschaft nun nichts mehr entgegen, betonte Geitz. Doch aufgrund des verlegten Pegels und der geplanten Flussrenaturierung müsse die Wasserkraft aufgegeben werden. Neue Wege, Gleiswege, Flusswege und Hochpromenaden, sollen künftig zum Flanieren einladen. „Das Wegenetz wird sich in attraktiver Form neu darstellen“, erklärt der Experte. Ein sehr großer Mehrwert biete zudem das Viadukt, ließ er wissen. „Eine solche Szenerie kann man nicht bauen“, sagte Geitz. Um das Gebiet „unten“ am Neckar attraktiv zu gestalten und mit der Innenstadt zu verbinden, sind zudem zwei Aufzüge – einer am Viadukt und einer an der Hochbrücke – vorgesehen. Geitz zeigte zudem eine Möglichkeit auf, das Kraftwerk nicht abzubauen, sondern lediglich stillzulegen und in das Gartenschaugelände zu integrieren. Denkbar sei, dass das Wehr für eine Brücke genutzt wird.

Über das Mobilitätskonzept für die Stadt Rottweil informierte im Anschluss Bürgermeister Dr. Christian Ruf. Ein großes Ziel sei, die verschiedenen Verkehre in der Innenstadt zu reduzieren und auch die Schiene mehr in den Fokus zu rücken, etwa durch eine verbesserte Anbindung des Bahnhofs an die Innenstadt: „Die geplante Hochpromenade vom Bahnhof zum Viadukt mit Aufzug an der Hochbrücke macht den Aufstieg über die Bahnhofstraße überflüssig.“ Er gehe davon aus, dass es in Zukunft autonom fahrende und daher enger getaktete Busse in Richtung Innenstadt geben werde. Zudem sei es erklärtes Ziel des Landes, mehr Menschen auf die Schiene zu bringen. Daher sei ein zusätzlicher Ringzughalt „Stadtmitte“ sinnvoll. Eine Studie habe zusätzliche 600 bis 700 Fahrgäste pro Tag für den Ringzug errechnet, wenn der neue Haltepunkt gebaut werde. Der Bürgermeister betonte auch die städtebaulichen Chancen, die eine Verlegung des zentralen Busumsteigepunktes vom Friedrichsplatz an den Nägelesgraben bieten. Es brauche aber dann Ersatz für die entfallenden, aber nach wie vor erforderlichen Parkplätze. Die Stadt habe mögliche Standorte und Bauweisen für ein Parkhaus bereits im Detail geprüft. Seine Vision für das Landesgartenschaujahr 2028: „Der Nägelsgraben wird sich von der einstigen Rückseite der Stadt zu einer attraktiven Adresse wandeln.“

Architekt und Stadtplaner Rolf Messerschmidt vom Büro „Eble Messerschmidt Partner“ erläuterte den aktuellen Planungsstand zum „Mobility Hub“, einer ArtMobilitätsdrehscheibe am Nägelesgraben. „Die Busse müssen aus der Innenstadt raus, um hier mehr Aufenthaltsqualität zu schaffen“, machte Messerschmidt deutlich. Er verwies auf die „Rote Wand“ der Busse am Friedrichsplatz. Eine vollständige Sperrung des Friedrichplatzes sieht der Experte allerdings kritisch. Vielmehr müsse man hier schrittweise und in der Diskussion mit den Einzelhändlern und dem Gewerbe- und Handelsverein (GHV) vorgehen. Ein neuer, zentraler und größerer Busumstiegsplatz, müsse in jedem Fall geschaffen werden. Hier biete sich der Nägelesgraben optimal an, so der Fachmann.

Auch ein weiteres Parkhaus sei am Nägelesgraben sinnvoll, riet er. Das Thema hatte bereits im Vorfeld der Infoveranstaltung für Unmut und Diskussionen gesorgt. Dem möglichen Bau eines Parkhauses auf dem Areal des ehemaligen Feuerwehrhauses in der Schlachthausstraße, der von vielen Bürgern angeregt worden war, erteilt Messerschmidt eine Absage. „Das ist aufgrund der Verkehrsführung hier nicht möglich“, machte er deutlich. Man könne das Parkhaus so bauen, dass es sich zum einen in die Umgebung einfügt und zum anderen dafür sorgen, dass es später auch zu Wohnungen oder Geschäftsräumen umgenutzt werden kann. Hierfür zeigte er vielfältige Beispiele aus anderen Städten auf. Das Parkhaus unter die Erde zu bauen, war eine weitere Bürgeranregung, doch dies würde zu immens höheren Kosten führen, so Messerschmidt. Die Innenstadt für Radfahrer und Fußgänger attraktiver zu gestalten, ist ebenfalls geplant. Das Anwohnerparken neu zu ordnen und aus den engen Gassen herauszuverlagern sei eine weitere Idee, derer es auf dem Weg zur Landesgartenschau wohl noch viele weitere geben wird.

Bürger werden weiter beteiligt

Oberbürgermeister Ralf Broß betonte, dass viele Ideen, die nun bereits mit in die Rahmenplanung geflossen seien, aus der breiten Basis der Bürgerbeteiligung resultieren. Und dass die Bürgerbeteiligung nicht nur während der weiteren Planungsphase, sondern auch im Jahr der Realisierung eine große Rolle spiele. „Wir brauchen auch im Veranstaltungsjahr eine ganz breite Bürgerbeteiligung“, machte Ralf Broß deutlich. Üblicherweise leben Landesgartenschauen auch von zahlreichen ehrenamtlichen Helfern, die sich während der Landesgartenschau vor Ort engagieren, etwa bei Führungen oder der Einlasskontrolle.

Zum Mobilitätsknoten Nägelesgraben und den Parkhausplänen stehen weitere Fachgutachten an, über die der Gemeinderat noch vor den Sommerferien diskutieren wird. Unabhängig davon kann der Wettbewerb zum Rahmenplan der Landesgartenschau in der zweiten Jahreshälfte ausgelobt werden. Das Preisgericht tagt und entscheidet dann 2022, so dass der Entwurf in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres präsentiert werden könne. Wenn dieser nach Abstimmung genehmigt sei, könnte Ende 2023 ausgeschrieben und 2024 mit den ersten Baumaßnahmen begonnen werden.

Einen ausführlichen Erläuterungsbericht zum Rahmenplan können Sie zudem hier herunterladen.

Auch weiterhin möchte die Stadt die Bürger regelmäßig über den Planungsstand informieren. Aufgrund der Fülle der Fragen aus der Bürgerschaft sollen weitere Fragen und Antworten im Nachgang zur Veranstaltung zum Nachlesen ins Netz gestellt werden. Diese können in den nächsten Tagen hier abgerufen werden.