An der Kapellenkirche wird Gerüstmaterial angeliefert (Foto: Hildebrand)

Zur Verkehrssicherung stehen an der Kapellenkirche schon seit dem letzten Jahr Gerüste. Steinfragmente haben sich vom Turm gelöst und sind heruntergefallen. Im Rahmen von Voruntersuchungen wurde dann im vergangenen Jahr der bauliche Zustand der Kapellenkirche insgesamt ermittelt. Dies geschah unter anderem auch durch Befahrung des Turms und der Außenwände mit Hubsteigern. Die gewonnenen Ergebnisse belegen, dass dringender, umfassender Handlungsbedarf besteht. Die Natursteine der Fassaden, Ornamente und Skulpturen sind an vielen Stellen schwerwiegend geschädigt. Nicht zuletzt aus den zurückliegenden Instandsetzungsmaßnahmen, etwa der Hydrophobierung der Oberflächen, resultieren äußerst komplexe Schadensbilder. Die verputzten Flächen weisen hauptsächlich im Sockelbereich umfangreiche Schäden auf. Ernsthafte Schäden gibt es auch in den Dachwerken. Hier sind zur Gewährleistung der Standsicherheit auch statische Ertüchtigungen erforderlich. Am Turm, an den Außenwänden des Hauptschiffs sowie im Gewölbe über dem Hauptschiff zeigen sich Risse. Letztere sind wegen der farbenprächtigen Bemalung kaum zu erkennen.

Die Kirche wird von Spannankern und Klammern zusammengehalten (Foto: Hildebrand)

Die Probleme, die dieses stadtprägende Wahrzeichen Rottweils macht, sind nicht neu. Seit Jahrhunderten stellt die Erhaltung des exponierten Bauwerks eine Herausforderung dar. Schon in der Zeit von 1667 bis 1672 ist von „Verschlauderungen“, gegenläufigen Bewegungen, am Turm die Rede. Um den Erhalt des Baus zu sichern fanden im 19. und 20. Jahrhundert umfangreiche Notsicherungen statt. 1907 wurde eine große Zahl stählerner Spannanker eingebaut, die man von außen an den Tellerscheiben erkennen kann. In den letzten Jahrzehnten war der Kapellenturm meistens eingerüstet, um einzelne Reparaturen vor allem im oberen Teil des Turms auszuführen. Weil die besondere Aufmerksamkeit immer dem Turm gegolten hat, wurde die Instandhaltung von Schiff und Chor lange vernachlässigt.

Wegen ihrer herausragenden Architektur, die in Teilen bis auf das 14. Jahrhundert zurückgeht, zählt die Kapellenkirche zu den wichtigsten erhaltenen Baudenkmälern süddeutscher Spätgotik und wird als „Kulturdenkmal von nationaler Bedeutung“ anerkannt. Die Kirchengemeinde Heilig-Kreuz plant nun eine umfassende Fassaden- und Dachinstandsetzung dieses so bedeutenden Sakralbaus.

Unsachgemäße Ausbesserung von Werksteinen mit Putz  (Foto: AeDis)

Denkmalpflegeprogramm des Bundes „National wertvolle Kulturdenkmäler“ wurden Förderanträge eingereicht. Hilfen wurden von allen drei Stellen bereits in Aussicht gestellt. Die zur Realisierung erforderlichen finanziellen Eigenmittel der Kirchengemeinde und der Diözese Rottenburg-Stuttgart sind freigegeben.

Die Gesamtkosten belaufen sich nach derzeitigen Berechnungen auf ca.8,5 Millionen Euro. Das ganze Projekt wurde in vier Bauabschnitte unterteilt. Zum Abschnitt I+II gehören die Natursteinarbeiten am Turm, das Dach, die Türen, Fenster und der Putz des Turms (2022-24). Im Abschnitt III (2025) soll das Kirchenschiff und im Abschnitt IV (2026-27) der Chor renoviert werden.

Mit der Projektierung des Bauvorhabens wurde die AeDis AG für Planung, Restaurierung und Denkmalpflege in Ebersbach-Roßwälden beauftragt. Die aufgrund der Schadensanalyse vorgeschlagenen Maßnahmen wurden mit dem Landesamt für Denkmalpflege abgestimmt. Am 2. Februar 2022 wurde von der Stadt Rottweil die denkmalrechtliche Genehmigung für Bauabschnitt I erteilt. Dies betrifft  die Natursteinarbeiten am Turm, erklärt Architekt Dr. Nikolai Ziegler. Es könnte aber gleichzeitig auch an den anderen Gewerken am Turm gearbeitet werden. Um die umfangreichen Arbeiten bis 2028 realisieren zu können braucht es ein ambitioniertes Zusammenwirken aller Beteiligten.

Schäden nach früherer Hydrophobierung – Abplatzungen (Foto: AeDis)